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krieg_und_rittertum:start [2011/04/17 16:38] morbus |
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- | ====== Heer-, Kriegswesen und ritterliches Selbstverständnis ====== | ||
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- | ===== Das Heerwesen ===== | ||
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- | Die Armeen in Grenzbrueck sind klassische Ritterheere. Der Ritter ist „der“ Krieger in Grenzbrueck, | ||
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- | Die Zeit des Kriegsdienstes ist im Jahr üblicherweise auf nicht mehr als 40 Tage begrenzt, denn längere Abwesenheiten sind mit wirtschaftlichen Nachteilen für den Vasall verbunden, der sich um seine Geschäfte oder gar um sein Lehen in dieser Zeit nicht kümmern kann. Ebenso fällt die Arbeitskraft der Soldaten weg. Dauert der Kriegsdienst daher länger, so wird ein Sold fällig. | ||
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- | Ein typisches Herr besteht daher aus den Rittern, ihren Knappen (auch mehrere sind durchaus denkbar) und den Lanzen, d.h. Fußsoldaten, | ||
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- | Bogen und Armbrust gelten als unritterliche Waffen. Es ist daher eine Ehrensache, dass die Ritter ihre Schützen anweisen, nicht auf feindliche Ritter zu schießen. Nicht immer wird sich allerdings an diesen ungeschriebenen Ehrenkodex gehalten. | ||
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- | Ein Ritter wiegt – aufgrund seiner kriegerischen Ausbildung und seiner Ausrüstung – in der Schlacht etwa 30 bis 50 Fußsoldaten auf. Das bedeutet, er ist ein sehr wertvoller Gegner. | ||
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- | ===== Das Kriegswesen und ritterliches Selbstverständnis ===== | ||
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- | Das Kriegswesen wird im Wesentlichen durch das oben dargestellte Heerwesen geprägt. „Krieg“ ist letztlich nichts anderes als ein Handwerk, wie das Decken eines Daches oder das Schmieden. Dieses Handwerk wird von der „Kaste“ der Ritter durchgeführt. Kriegszüge sind kostspielig sowie mit erheblichen Risiken verbunden, so dass zuvor in der Regel versucht wird, andere Lösungen herbeizuführen. Diplomatie, Zweckehen oder auch Fehden, also einfache Grenzgeplänkel, | ||
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- | Ein erstes Problem stellt schon das Zusammenrufen der Vasallen dar. Es ist zeitaufwändig und es dauert, bis diese sich am vereinbarten (nicht befohlenen) Zeitpunkt einfinden. Auch hier spielt das Selbstverständnis des Ritterstandes eine große Rolle. Jeder einzelne Ritter fühlt sich als „Herr“. Insoweit kennt er keinen militärischen Gehorsam im heutigen Verständnis. Er kommt mit seiner Lanze, wenn sein Feudalherr ihn ruft. Wenn er aber nicht will (und es sich leisten kann), kommt er auch nicht! | ||
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- | Größtes Problem eines Kriegszuges ist die Versorgung der Truppen. Da der von den Rittern (in der Regel für zwei Monate) mitgeführte Proviant irgendwann zu Ende geht, muss man auf Kosten der jeweils ortansässigen Bevölkerung leben, was dort meist zu großen Notlagen führt. Beim Feind kann man versuchen, zu plündern. Hat dieser sich aber rechtzeitig mit allen Vorräten in eine Burg zurückgezogen und die umliegenden Dörfer auch noch selbst in Brand gesteckt, so dass diese nicht mehr nutzbar sind, ist auch dies nicht möglich. Eine verlässliche „Versorgungsorganisation“ gibt es in der Regel nicht. | ||
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- | In der Regel versuchen die Kontrahenten die offene Feldschlacht mit einer großen Zahl an Verwundeten und Getöteten zu vermeiden, jedenfalls solange bis einer von ihnen glaubt eine strategisch günstigere Position erlangt zu haben. Statt dessen bestimmen v. a. langsames Vorrücken der Angreifer das Bild, hartnäckige Abwehr der Verteidiger, | ||
- | Kommt es zur Schlacht so gibt es darin keine besondere Strategien, d. h. es gibt eigentlich keine Flankenbewegungen, | ||
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- | Allenfalls in der Aufstellung können daher strategische Aspekte eine Rolle spielen und vor der Schlacht sprechen die Kontrahenten üblicherweise die „Bedingungen“ der Schlacht ab. Wie lange soll sie dauern, wann sind Pausen zu machen, um Tote und Verletzte zu bergen etc. | ||
- | Ist eine Schlacht dann aber erst einmal in Gang, haben die Heerführer hierauf keinen wesentlichen Einfluss mehr. Eine solche Ritterschlacht dauert in der Regel nur kurze Zeit. | ||
- | In der Nähe des Feindes marschieren die Ritterheere üblicherweise in einer Art tiefer Kolonne, in der man auch in den Feind einzubrechen versuchte, wobei die rückwärtigen Teile der Kolonne von selbst, durch ritterlichen Ehrgeiz und Kampfeslust angespornt, auf beiden Seiten nach vorne quellen und damit die ganze Formation verbreitern. Keiner will der (unehrenhafte) Letzte in der Schlacht sein und eifersüchtig kämpft man um den „Vorstreit“. | ||
- | Beginnt die Schlacht, ist es im wahrsten Sinne des Wortes ein „Schlachten“, | ||
- | Auch wenn es ein Schlachten ist, so muss auch hier eine Unterscheidung zwischen einfachen Truppen und Rittern gemacht wird. Üblicherweise versuchen die adligen Kontrahenten ihren Gegner in die Schranken zu weisen in ritterlichem Kampf. Es geht aber gerade nicht zwingend darum, den Gegner zu töten oder zu vernichten. Ein Ritter, der sich ergibt oder kampfunfähig am Boden liegt, wird in aller Regel nicht getötet, sondern geschont, da es sowohl unritterlich (i. w. S. also unkameradschaftlich) und auch unwirtschaftlich wäre. Man setzt ihn gefangen und läßt ihn vom Feld führen, um später ein Lösegeld zu erpressen. So heißt es beispielsweise beim Chronisten über die Schlacht bei Leubach, dass von den Rittern nur drei getötet, 140 aber gefangengenommen wurden, weil sie „vollständig in Eisen gekleidet waren und man sich aus Ewgenfurcht und Kameradschaftlichkeit gegenseitig schonte.“ | ||
- | Auf der anderen Seite heißt das freilich nicht, dass es – auch unter den Rittern – keine Toten gäbe. Eine Schlacht ist trotz dieser Einschränkungen ein gefährliches Unterfangen, | ||
- | Was dabei für den einzelnen Ritter gilt, gilt üblicherweise auch für das gesamte Heer. Ein Heer, das bezwungen ist, wird üblicherweise nicht niedergemacht, | ||
- | Und auch das Verhältnis der Ritter untereinander muss sich nicht zwingend durch den Konflikt ihrer Herren zu einer Todfeindschaft entwickeln. Sie sind letztlich „bessere Söldner“, | ||
- | Eine Niederlage mag zwar im ersten Augenblick Schmach und Schande sein, gleichwohl werden für die Überlebenden andere Gelegenheiten kommen, bei denen sie dann triumphieren. So schreibt der Chronist Horatio Treuer über den Herzog Friedrich von Tahnsteyn: „Sie wussten, dass man die Kriegskunst nicht hat, wo sie nötig ist, wenn sie nicht vorher geübt wird. Der Boxer kann nicht mit Zuversicht antreten, wenn er niemals Püffe bekommen hat. Wer sein Blut hat rinnen sehen, wem die Zähne unter der Faust des Gegners gekracht haben, wer am Boden gelegen hat, den anderen über sich und dennoch nicht den Mut verloren hat, wer noch sooft geworfen, um so trotziger aufgestanden ist, der darf mit Hoffnung in den Kampf gehen.“ | ||
- | Demgegenüber spielen die Schützen und Fußknechte (als leichter Gepanzerte) nur die Rolle einer „Begleitwaffe“ und sind daher in der ritterlichen Schlacht eher nebensächlich. Die Knappen haben die Pflicht, ihre Herren, wenn sie geworfen werden, aufzurichten, | ||
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- | Ein anschauliches Beispiel für ritterliche Selbst- und Ehrverständnis geben die Regeln des Ritterorderns der Dame d’argent (eines Hohenstadener Ritterordens) im Anhang. | ||
- | Einen besonderen Einfluss auf das ritterliche Selbstverständnis hat schließlich auch die Ecclesia bzw. der Clerus, die neben den allgemeinen Tugenden, die für jedermann gelten (dazu unten im Detail), auch die ritterlichen Tugenden formuliert und damit Einfluss auf die Regulierung der bewaffneten Auseinandersetzungen nimmt. So verlangt die Ecclesia, die bewaffnete Auseinandersetzungen im genannten Rahmen positiv sieht, von den Rittern: | ||
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- | * Festigkeit im Glauben | ||
- | * Treue und Dienstwilligkeit gegenüber ihren Herren | ||
- | * Mut, Tapferkeit und Tüchtigkeit im Kampfe für ihre Herren und gegen die Feinde der Ecclesia | ||
- | * Schutz der Schwachen | ||
- | * Streben nach Ruhm und Ehre | ||
- | * Festigkeit, Beständigkeit, | ||
- | * Großzügigkeit (Largesse) | ||
- | * Selbstbeherrschung (disciplina, | ||
- | * Gute Umgangsformen (elegantia morum, schoene site) | ||
- | * Heiterkeit (hilaritas, fröude) | ||
- | * Milde, Freigebigkeit, | ||
- | * Maßhaltung (temperantia, | ||
- | * Rechtsbewusstes Verhalten (reht) | ||
- | * Höfischkeit (courtoisie) | ||
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- | Ein Ritter, der sich wie vorgenannt verhält, ist ein „idealer Ritter“, handelt ehrenhaft und zugleich ewgengefaellig und damit letztlich auch legitim in den Augen der Ecclesia und des Clerus. Das bedeutet gleichwohl nicht, dass alle Ritter diesem Ideal immer und allezeit oder gar überhaupt nachkämen. Wie auch nicht alle Knappen später Ritter werden, sondern im Regelfall nur die dazu auserkorenen Edelknappen, | ||